Gedanken zu Selbstmanagement
Fragen brauchen nicht immer Antworten. Es reicht oft aus, wenn sie zu weiteren Gedanken führen. Deshalb gibts gleich noch ein paar Gedanken dazu. Dafür starte ich gleich mit der Begriffsdefinition von Wikipedia.
Der Begriff Selbstmanagement bezeichnet die Kompetenz, die eigene persönliche und berufliche Entwicklung weitgehend unabhängig von äußeren Einflüssen zu gestalten. Dazu gehören Teilkompetenzen wie zum Beispiel selbständige Motivation, Zielsetzung, Planung, Zeitmanagement, Organisation, Lernfähigkeit und Erfolgskontrolle durch Feedback.
Ich richte mich beim weiteren Schreiben nicht nach dieser Definition. Wir behalten sie aber im Hinterkopf und schauen vielleicht, wo wir beim Lesen, bei Mitdenken und Hinterfragen bestätigt werden, wo es Widersprüche gibt und was es halt so mit uns macht.
Sich selbst zu managen, sich selbst zu organisieren, klingt für mich erst einmal nach Leistungssteigerung und nach Leistungsoptimierung. Das vor allem dann, wenn Zeitmanagement, Arbeitstechniken und eine bessere Organisation von sich selbst im Zentrum stehen. Nun wird seit einiger Zeit Selbstmanagement als eine Kernkompetenz der Zukunft beschrieben. Sie ist also in aller Munde und wie so oft oder eigentlich immer, verstehen alle etwas anderes.
Wenn ich nun so in die (Lern-)Welt schaue, dann kommt dieser Selbstmanagement-Begriff ganz oft dann vor, wenn es eben darum geht, sich besser zu organisieren, die Zeit (in der sooo stressigen Welt) besser einzuteilen und so natürlich für eine ausgewogene Work-Life-Balance zu sorgen. Selbstmanagement kann man also lernen. Für mich ist das mit dem Selbstmanagement so ähnlich wie mit dem Lernen oder dem lebenslangen Lernen, dass man ja anscheinend auch lernen kann (oder wie so oft geschrieben wird: muss!). Aber! Ist dieses sich selbst managen nicht etwas ganz Natürliches? Ist es nicht etwas, dass wir bereits könn(t)en? Denn wir sind sicher alle einmal Kinder von jemandem und die meisten von uns sind in die Schule gegangen. Vielleicht mussten wir bereits Aufgaben übernehmen und Dinge organisieren (es wachsen auch nicht alle in schönen, funktionierenden und organisierten Familien auf). Dann sind wir vielleicht Väter, Mütter, Grosseltern, Onkel, Tanten, haben Ausbildungen besucht, waren krank und wieder gesund, buchten selbst Ferien, bauten ein Haus, und was könnte ich da nicht noch alles hinzufügen. Dabei mussten und durften wir uns ganz oft und Achtung jetzt kommts! Selbst organisieren. Es könnte also sein, dass wir das schon können.
Nun widmen wir uns aber doch diesem «modernen» Begriff des Selbstmanagements. Bereits hier weise ich darauf hin, dass es das Selbstmanagement nicht gibt. Denn dabei geht es immer auch ums Menschsein, um uns als Individuum, das sich besser verstehen kann, um unser Erleben, Verhalten, um das Ver- und Entwickeln sowie unseren Rollen in Systemen. Wenn wir neue Wege einschlagen, wollen wir uns nachhaltig in einen zufriedenen oder zufriedenen Alltag bewegen. Manchmal ist das eher beruflich, ein anderes Mal eher privat und im Idealfall im Ganzen. Da kommen wir, wenn es nachhaltig sein soll, nicht um die Selbst(er)kenntnis herum. Sie ist meines Erachtens das entscheidende Element. Lange war ich überzeugt, dass diese Selbst(er)kenntnis da sein muss, bevor Menschen ihren Weg einschlagen (können). Das stimmt zwar, aber eben nur bedingt. Hier müsste man sowieso noch sagen, dass wir uns auf unserem Weg befinden. Das tun wir nämlich seit unserer Geburt.
Ja, vielleicht ist unser Weg beeinflusst durch Werte, Ansprüche, Ideen, Systeme, die wir nicht gewählt haben und die wir aus heutiger Perspektive nie wählen würden. Wir sind aber nun einmal hier und die Prägungen sind da. Manchen möchten wir lieber nicht so haben, mit anderem sind wir zufrieden und von einigem nehmen wir kaum Kenntnis. Mit diesem persönlichen Rucksack sollten wir uns nun selbst managen. Irgendwie krass. Oder?
Irgendwann ist es soweit
Irgendwann und meistens ist dieses irgendwann dann, wenn wir unzufrieden sind, in der Krise stecken oder es jemand von uns verlangt (dieser Fall ist eh nicht ideal), ist es soweit und wir «müssen» etwas ändern. Vielleicht stellen wir uns sogar die Frage nach dem Sinn im (Arbeits-)Leben. Es sind Momente der Energielosigkeit, schwierige Arbeitssituationen, Familien- und Beziehungskrisen, Lebens- und Sinnkrisen, die uns dazu bewegen, in Bewegung zu kommen. Natürlich können die Auslöser oder die Symptome viel feiner und friedlicher sein oder aus dem Impuls der Selbstoptimierung (der auch auf Unzufriedenheit hinweist) kommen.
Auf dem Weg zu echtem Selbstmanagement
Wie kann hier Selbstmanagement als in einer menschen- und sinnorientierten Form «stattfinden»? Zuerst einmal könnten wir uns bewusst werden, wo wir stehen und schauen, was wir gut können, was wir haben, womit wir zufrieden sind und was andere ans uns schätzen. Das gibt bereits eine gute Ausgangslage und Basis, von der aus wir weitergehen können. Vielleicht gelingt es und in dem Moment kaum das Positive zu sehen, dann kannst du auch einfach einmal all den ganzen Bullshit, der dich gerade beschäftigt und stört, sammeln.
Ein nächster Schritt könnte sein, den Wunsch, das Ziel, den neuen Zustand zu beschreiben. Das geht ganz einfach mit Zielen wie:
- besserer Job (mehr Geld, Beförderung, Anerkennung, etc.)
- gute Beziehung (kein Streit, mehr Zeit füreinander, …)
- mehr Zeit für mich
Diese Ziele werden kaum etwas nutzen und bewegen sich an der Oberfläche. Wie wärs also, wenn wir noch etwas genauer hinschauen? Da sind nämlich noch unsere Werte, die uns leiten (können), wie ein Kompass oder ein Polarstern. Sie leiten uns auch in dunkeln Zeiten, durch Stürme und natürlich bei schönstem Sonnenschein.
Den Werten auf die Spur kommen
Werte sind das, was uns wirklich wichtig ist. Wie wollen wir leben, wie wollen wir wahrgenommen werden und was möchten wir in dieser Welt hinterlassen?
Die Lücke schliessen oder zumindest überbrücken
Oft und gerade wenn wir unzufrieden sind, dann haben wir eine Diskrepanz zwischen dem was ist und dem was wir möchten. Das ist unser Entwicklungsfreiraum.
Selbst(er)kenntnis als Basis
Anita Graf hat ein Modell entwickelt, dass acht Bausteine enthält und einen ganzheitlichen Ansatz verfolgt. Deshalb gefällt mir das so gut. Das sind diese acht Bausteine:
- Selbsterkenntnis
- Zielmanagement
- Zeit- und Ressourcenmanagement
- Gesundheits- und Stressmanagement
- Beziehungsmanagement
- Selbstmotivation und Selbstdisziplin
- Selbstentwicklung
- Selbstverantwortung
Muss man nun mit der Selbst(er)kenntnis beginnen? Nein, definitiv nicht. Manchmal oder ganz oft, hat man einen Ansatzpunkt, der möglichst schnell verändert werden muss, damit sich die eigene Situation beruhigt. Dabei kann es sich um die Gesundheit handeln, um die Beziehung zu sich, seinem Partner oder zu Freunden, um eine bessere Arbeitsorganisation oder, oder, … . Wenn es aber darum geht, das Leben in die eigene Hand zu nehmen, die eigene Gegenwart und Zukunft selbst zu gestalten, dann kommt man nicht um die Selbst(er)kenntnis rum. Dabei betone ich noch einmal, dass es sich um einen Prozess handelt und nicht um etwas, dass abgeschlossen werden kann. So wird sich auf diesem Weg auch die Kompetenz, also die Fähigkeit, seine eigene Gegenwart und Zukunft zu gestalten, stetig verbessern.
Vieles in diesem Beitrag ist noch unfertig. Fragen werden zu neuen Gedanken führen und diesen Beitrag erzänzen. Sobald das geschieht, werden die Erweiterungen verlinkt.
Ein wichtiges wenn nicht eines der wichtigsten Elemente der Selbstmanagementkompetenz (neben der Selbst(er)kenntnis natürlich 😉) ist für mich der Umgang mit Hindernissen und Schwierigkeiten. Denn die gehören auf diesem Weg auch immer dazu. Das muss auch nicht immer schwer sein. Wie wärs also zum Beispiel mit Humor? Der kann Wunder bewirken.
Ein paar Bücher, die ich gelesen habe und die mir beim Schreiben in den Sinn kamen, also aus meiner Perspektive irgendwie einen Zusammenhang haben:
Der Clown in uns, Humor und die Kraft des Lachens, David Gilmore
Wer dem Glück hinterherrent, rennt daran vorbei, Russ Harris
Drei Fragen, Wer bin ich? Wohin will ich? Und mit wem? Jorge Bucay
Psychologie des Lebenssinns, Tatjana Schnell
Selbstmanagement - ressourcenorientiert Grundlagen und Trainingsmanual für die Arbeit mit dem Zürcher Ressourcen Modell (ZRM®), Maja Storch, Frank Krause
Gedanken dazu finden sich auch in einigen entwicklungsfreiraum Podcast-Folgen.
Foto: Ben Zaugg