Mit Bildung (vor allem mit Erwachsenenbildung und meiner (Lern-)Biografie) beschäftige ich mich ja nun seit längerer Zeit und hatte deshalb das Colearning Bern schon eine Weile auf dem Schirm. Ich vermutete, dass das etwas wirklich cooles sein könnte, beobachtete aber immer nur von aussen. In den letzten Monaten habe ich mich im Coworking Space Effinger in Bern immer mehr eingelebt und bin in der Zusammenarbeit mit Marco Jakob nun auch im Colearning angekommen. Heute schreibe ich hier einmal von meinen ersten Eindrücken und hoffe damit auch dir einen tieferen Einblick geben zu können.
Wo bleibt die Kontrolle und die Leistung?
Auf den ersten Blick und vor allem aus der «normalen» Perspektive könnte einiges unorganisiert scheinen. Damit meine ich, dass wir uns gewohnt sind, in klaren Strukturen zu denken, in denen Kontrolle, die Forderung von Leistung und fixe Strukturen zum Alltag gehören. Diese klaren Strukturen und Kontrollen findest du dort aber nicht und trotzdem beobachte ich Disziplin, wobei ich das Wort nicht passend finde. Besser lässt sich das so beschreiben, dass die jungen Colearner wissen, was sie an ihrem Tag im Colearning tun wollen und anschliessend daran arbeiten. Nicht weil sie müssen, sondern weil sie wollen! (So nehme ich das zumindest wahr).
Wenn ich das beobachte frage ich mich einmal mehr, warum wir Kinder noch in diese künstlichen Schulen schicken und da sind wir bereits beim nächten Thema.
Hier möchte ich ein Zitat von Ruth Cohn mit dir teilen. Nur zu gern hätte ich sie einmal getroffen.
«Ich glaube, dass Kinder und Erwachsene etwas leisten wollen. Ich glaube, dass das Wort Leistungsdruck aufkam, nicht weil Leistung an sich gehasst wird, sondern fremd verlangte Leistung, die nicht mit inneren Bedürfnissen vebunden ist.» Ruth C. Cohn
Wenn Lernen und Arbeiten zu etwas natürlichem verfliessen
Das Colearning befindet sich im Coworking Effinger und wenn du dir als Coworker im 1. OG einen freien Platz suchst, kannst du kaum unterscheiden, wer hier am Lernen ist und wer arbeitet (wobei Lernen tun wir ja sowieso alle immer, nur sind wir uns dessen nicht bewusst). Vielleicht denkst du dir, wenn du dich im Raum umschaust, dass der eine oder andere Coworker recht jung aussieht aber das ist dann auch alles. Da sitzt also der UX-Designer neben einem Jugendlichen, der ein Buch schreibt oder der Politikwissenschaftler neben einem jungen Mann, der gerade eine Effinger-Bibliothek programmiert hat. In der gemeinsamen 10 Uhr Pause siehst du dann Erwachsene mit Jugendlichen über ihre Arbeits- und Lernthemen sprechen, als wäre es das Natürlichste auf der Welt.Hier sei noch angemerkt: Natürlich wird in den Pausen nicht nur über Lernen und Arbeit gesprochen ;-).
«Die Schule ist jenes Exil, in dem der Erwachsene das Kind solange hält, bis es imstande ist, in der Erwachsenenwelt zu leben, ohne zu stören.» Dr. Maria Montessori
Lernen kennt keine Altersgrenze
Jetzt habe ich die ganze Zeit von den «Schülern» geschrieben, die übrigens Homeschooler sind. Aber Colearner sind wir alle. Wir wissen, dass wir immer auch Lernende sind und so begegnen wir einander. Du findest also Colearner im Alter von 14 bis 72 Jahren. Was für eine Bereicherung!
Und das funktioniert?
Oh ja, ich finde das funktioniert sehr gut. Weil das Gehen neuer Wege und Lernen nicht klar vorhersehbar ist, heisst es auch immer wieder hinterfragen, klären, austauschen und ausprobieren. Denn genau so entstehen neue Wege und echtes Lernen findet statt. Dieses Lernen, die Erfolge und das Stolpern teilen wir Colearner alle in unseren Lernblogs. Wir sind gemeinsam unterwegs, jede und jeder im eigenen Tempo, wir helfen uns wenn es gefragt ist und lassen einander den Freiraum, den wir brauchen.
Hier geht es zur Webseite vom Colearning Bern. Dort findest du die Colearner*innen und kommst direkt zu ihren Lernblogbeiträgen.